1Nephi 5:6,7

1Ne 5:6 Und nach dieser Art der Sprache tröstete mein Vater, Lehi, meine Mutter, Sariah, uns betreffend, während wir reisten in der Wildnis hinauf zum Land Jerusalem, um die Aufzeichnungen der Juden zu erlangen.

1Ne 5:7 Und als wir zum Zelt meines Vaters zurückgekehrt waren, siehe ihre Freude war voll, und meine Mutter war getröstet.

Kommentar

Text

Nach dieser Art der Sprache

Ursprünglich schrieb Schreiber 3 „after this manner“ (nach dieser Weise/nach dieser Art), ergänzte aber nachträglich, jedoch unmittelbar nachdem er den Satz zuende geschrieben hatte, „of language“ (der Sprache). Offensichtlich erwartete er „of language“ nicht. „After this manner“ kommt im Buch Mormon 27 Mal vor. „After this manner of language“ kommt dagegen, wie in Vers 3 schon besprochen, nur bei Nephi vor.

Auch hier berichtet Nephi, was er nicht selbst gesehen und gehört hat.

Parallelismus

Wir haben nun das Ende der Struktur erreicht, die mit dem letzten Vers von Kapitel 4 begonnen hat.

A Und es begab sich, dass wir die Messingplatten und den Diener Labans nahmen
…B und in die Wildnis fortgingen,
……C und zum Zelt unseres Vaters reisten.
………D Und es begab sich, dass nachdem wir hinunter in die Wildnis gekommen waren
…………a zu unserem Vater,
……………b siehe, er war erfüllt mit Freude,
…………a und auch meine Mutter, Sariah, war außerordentlich froh (einfache Alternative), denn sie hatte wahrlich wegen uns getrauert.
…………E a Denn sie hatte angenommen, dass wir zugrunde gegangen waren in der Wildnis;
………………b und sie hatte auch gemurrt gegen meinen Vater,
…………………c indem sie ihm sagte, dass er ein Mann mit Visionen sei, indem sie sprach: Siehe, Du hast uns herausgeführt vom Land unseres Erbteiles,
…………..a und meine Söhne sind nicht mehr, und wir verderben in der Wildnis.
……………F b Und nach dieser Art der Sprache murrte meine Mutter gegen meinen Vater. Und es begab sich, dass mein Vater zu ihr sprach, indem er sagte:
…………………c Ich weiß, dass ich ein Mann mit Visionen bin; denn wenn ich nicht die Dinge von Gott in einer Vision gesehen hätte, sollte ich nicht die Güte Gottes gekannt haben,
…………E sondern wäre ich in Jerusalem geblieben und zugrunde gegangen mit meinen Brüdern. Aber siehe, ich habe ein Land der Verheißung erhalten, an dessen Dingen ich Freude habe; ja, und ich weiß, dass der Herr meine Söhne aus den Händen Labans befreien wird und sie wieder zu uns herunter in die Wildnis bringen wird.
………D Und nach dieser Art der Sprache tröstete mein Vater, Lehi, meine Mutter, Sariah,
……C uns betreffend, während wir reisten
…B in der Wildnis (Epibole) hinauf zum Land Jerusalem,
A um die Aufzeichnungen der Juden zu erlangen.

Inhalt

Lehi tröstet Sariah

Sariah äußert hier drei Beschwerden:

  • Verlust des Erbteils
  • Verlust ihrer Söhne
  • Verlust ihres Lebens in der Wildnis

Sariah fokussiert hier auf ihren vermeintlichen Verlust.

Im Wesentlichen steht Sariah vor dem Problem, dass alle Verheißungen, die ihr auf der Erde gemacht wurden, verloren gingen.

Lehi nimmt Sariah ernst. Er sagt nicht: „Wie redest Du über mich! Ich bin der Prophet!“. Er weist sie nicht zurecht, noch tut er ihre Sorgen ab. Nein, er nimmt ihre negative Äußerung und bestätigt sie mit drei Zusicherungen:

  •  Ein Land der Verheißung
  • Söhne kommen zurück
  • Familie wird in der Wildnis vereint

Und diese drei Zusicherungen kann er geben, eben weil er Visionen gehabt hat: Weil er weiß, dass er im Auftrag Gottes gesprochen hat. Und auf Gott ist Verlass.

Glaube und Zweifel bei Nephi

Für Nephi ist Gottvertrauen (faith) ein ganz zentrales Thema, das sich durch alle Kapitel zieht:

  • Wie kommen Menschen dazu, das Wort der Propheten anzunehmen?
  • Worauf gründen sie ihr Gottvertrauen?
  • Wie wird die Glaubwürdigkeit eines Propheten etabliert?
  • Gibt es einen Weg, seine Brüder dazu zu bringen prophetische Autorität zu akzeptieren?

Für Nephi ergibt sich die Wichtigkeit dieses Themas aus dem Sitz im Leben: Die religiösen Juden seiner Zeit haben lebende Propheten abgelehnt und verfolgt. Nephis Brüder folgen dieser religiösen Tradition.

Aber auch für heutige Leser ist das ein zentrales Thema, denn wie Lehi hören auch wir oft „Was nimmst Du für Drogen“ oder „Du spinnst doch“, wenn wir von persönlichen Offenbarungen reden.

Es ist dies auch der erste Schritt, den ein Untersucher machen muss: Zu akzeptieren, dass Gott auch heute noch spricht, und dass er selbst eine Antwort von Gott erhalten kann.

Damit einher geht aber auch:

  • Was ist ein falscher Prophet, und wie kann man unterscheiden?
  • Wie erkenne ich, dass meine Inspiration, meine Offenbarung, mehr ist als nur die „eitlen Einbildungen meines Herzens“?

Bei Lehi und Nephi haben wir eine Antwort auf die Frage kennengelernt, wie das Wort der Propheten angenommen werden und Wissen hergestellt werden kann:

Die beiden glauben, beten und erhalten Offenbarung als Antwort. Wir nennen das ein Zeugnis durch den Heiligen Geist.

Nicht so bei Sariah. Ja, sie ist ihrem Mann nachgefolgt, war treu. Aber es gibt einen Moment, wo sie nicht mehr weiter kann, wo ihre Ängste und Annahmen über Gegenwart und Zukunft so bedrohlich werden, dass sie verzweifelt. (Man beachte hier, dass es nicht die Realität ist, an der sie verzweifelt, sondern ihre Annahmen darüber, was mit ihren Söhnen passiert sein könnte, und was mit Lehi und ihr passieren würde).

Lehi antwortet mit Verheißungen. Und als ein Teil davon eintrifft, hat Sariah ihre Bestätigung: „Jetzt weiß ich mit Sicherheit“, sagt sie. Sie hat an dieser Stelle kein Zeugnis des Heiligen Geistes erhalten, sondern ein Zeugnis erlebt: Verheißung ist eingetroffen, entgegen aller Wahrscheinlichkeiten und Zweifel.

Nephi schildert daher auch seine Rückkehr und die seiner Brüder nicht als natürliches Ereignis und nicht nur als ein Wunder, sondern als Erfüllung einer Verheißung Gottes. Ein Grund für Gottvertrauen.