1Nephi 5:15

1Ne 5:15 Und sie wurden auch geführt – aus der Gefangenschaft und aus dem Land Ägypten -von demselben Gott, der sie bewahrt hatte.

Kommentar

Text

aus der Gefangenschaft und aus dem Land Ägypten

Im Vers 14 redet Nephi davon, dass Gott die Familie Jakobs nach Ägypten geführt hatte, um sie zu bewahren, und dann (V. 15) führte er sie wieder aus Ägypten heraus, aus dem gleichen Grund.

Um klar zu stellen, dass die Gefangenschaft, aus der Gott Israel geführt hatte, hier die ägyptische Gefangenschaft meint, wird das Land Ägypten explizit erwähnt.

Um klar zu stellen, dass Ägypten, obwohl ursprünglich eine Zuflucht vor der Hungersnot, dann nicht mehr das Land war, wo Gott sein Volk haben wollte, wird auf die Gefangenschaft hingewiesen.

Es handelt sich daher bei diesem Ausdruck nicht um einen Pleonasmus (wie zum Beispiel „der alte Greis“ – ein Greis ist per Definition alt, also muss man das nicht extra dazu sagen), sondern eher um eine Tautologie, eine Zwillingsformel (wie zum Beispiel „voll und ganz“).

Verstrennung

Unsere derzeitige Verstrennung schneidet sowohl in den Gedankengang als auch in die Parallelstruktur. Die Verse 14 und 15 sollten als einer gelesen werden.

Inhalt

Gefangenschaft, Vernichtung, Bewahrung, Wegführen

Nephi zeigt hier, dass das persönliche Erleben von Lehi und seiner Familie eine Entsprechung in den Geschichten ihrer Vorväter hat: Jakob und seine Familie waren im Gelobten Land, wurden aber nach Ägypten weggeführt, um bewahrt zu werden. Dort lebten sie für Generationen gut, dann waren sie in Gefangenschaft, aus der sie wieder weggeführt wurden, zurück in das Gelobte Land.

Lehi und seine Familie wurden aus dem Gelobten Land weggeführt, um bewahrt zu werden, und zwar in ein neues Land der Verheißung. Dort würden sie für Generationen gut leben, bis sie in Gefangenschaft von Sünde und Vergessen gerieten. Am Ende würden sie mit Israel wieder gesammelt werden.

1Nephi 5:14

1Ne 5:14 Und es begab sich, dass mein Vater, Lehi, auch auf den Messingplatten eine Ahnentafel seiner Väter fand, weshalb er wusste, dass er ein Nachkomme Josephs war; ja, nämlich jenes Josephs, der ein Sohn Jakobs war, der nach Ägypten verkauft wurde, und der von der Hand Gottes bewahrt wurde, dass er seinen Vater, Jakob, bewahre, und all seinen Haushalt, dass sie nicht durch die Hungersnot sterben.

Kommentar

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Parallelismus

Hier beginnt wieder eine längere Parallel-Struktur, die sich bis Vers 20 zieht. In diesem ersten Vers wird beschrieben, dass der Erretter des Joseph Gott, der ewige Vater war, und der Erretter Jakobs war Jakobs Sohn Joseph. Durch die Satzstellung werden die beiden Väter (der Himmlische Vater und Jakob) in Beziehung gesetzt: Einmal ist ein Vater ein Retter, im anderen Fall der Gerettete. Und beide Rettungen sind das Werk Gottes.

Inhalt

Ahnentafel seiner Väter

Auch in der Bibel finden wir Ahnentafeln, diese sind aber letztlich die von Juda, nicht die von Joseph.

Messingplatten und Goldplatten

Brant Gardener überlegt, dass ein Grund, warum wir heute das Buch Mormon haben, die Messingplatten sind, die Lehi hatte. Nicht nur formten die Lehren auf den Messingplatten die Gedankenwelt der Nephiten, sondern es kann gut sein, dass Nephi auf den Gedanken kam, Platten zu machen, weil er die Messingplatten kannte. Die Messingplatten waren ein physisches Vorbild für die goldenen Platten.

Die Messingplatten waren auf Ägyptisch geschrieben (Mosia 1:4), und das könnte Nephi bewogen haben, ägyptische Schriftzeichen zu verwenden.

Errettung Jakobs durch Joseph

Gott bedient sich menschlicher Werkzeuge, um Seine Absichten zu erreichen. Dadurch wird der Mensch geschult und ermächtigt, Gutes zu tun und zu wählen. Dennoch bleibt es Errettung durch Gott.

Jesus ist unser Erretter, und uns, die wir durch Christus errettet sind, kommt es zu, andere zu Christus zu führen, oder wie es Gregor von Nazianz (geb. 329 n.Chr.) gesagt hat: „die Schöpfung erneuern, das Bild herstellen, der himmlischen Welt dienen und, was das Wichtigste ist, ein Gott werden und zu Göttern machen soll“.

Wir werden Christen durch die Taufe, und lernen, wie Christus zu werden, indem wir andere erretten. Wie Christus werden – oder wie es C.S. Lewis sagte: „Genauso besteht die Kirche nur zu dem Zweck, die Menschen in Christus ‚hineinzuziehen‘; sie zu kleinen Christussen werden zu lassen.“

In diesem Sinne war Joseph ein Sinnbild für Jesus Christus. Jemand, durch den wir besser verstehen können, wie wir nach Christus wegen der Erlösung Ausschau halten sollen.

1Nephi 3:29,30

29 Und es begab sich, als sie uns mit einer Rute schlugen, kam ein Engel des Herrn und stand vor ihnen, und er sprach zu ihnen, indem er sagte: Warum schlagt ihr euren jüngeren Bruder mit einer Rute? Wisst ihr nicht, dass der Herr ihn erwählt hat, ein Herrscher über euch zu sein, und dies wegen eurer Missetaten? Siehe, ihr sollt wieder nach Jerusalem hinaufgehen, und der Herr wird Laban in deine Hände ausliefern.

30 Und nachdem der Engel zu uns gesprochen hatte, entfernte er sich.

Kommentar

Varianten

Warum schlagt ihr euren jüngeren Bruder mit einer Rute?

Im Originalmanuskript schrieb der unbekannte Schreiber 2 zuerst „euren jüngeren Bruder“. Oliver Cowdery kopierte dann „eure jüngeren Brüder“ ins Druckermanuskript, besserte sich dann aber aus. Wir wissen, dass der Schreiber 2 oftmals das Mehrzahl-„s“ vergessen hatte, so ist es auch hier argumentierbar. Allerdings redet der nächste Satz, der sich auf diesen bezieht, nur von Nephi, nicht von Sam. Daher ist aus dem Zusammenhang erschließbar, dass hier die Einzahl richtig ist.

der Herr wird Laban in deine Hände ausliefern.

Tatsächlich steht hier „in deine Hände“, aber das englische Buch Mormon mischt oftmals „ihr“ (ye) und Du (you) in einem Satz. Dies ist einerseits im älteren Englisch möglich (Plural-Verwendung des Einzahl-Du). Andererseits gibt es diese Mischung auch im Hebräischen, wo es etwa „ihr, jede einzelne von euch“ bedeutet.

Eine andere Interpretation wäre, dass alle Brüder nach Jerusalem hinaufgehen sollten, aber wenn es darum geht, dass Laban jemandem in die Hände ausgeliefert wird, spricht der Engel zu Nephi allein.

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als sie uns mit einer Rute schlugen

Im Altertum war die Rute/der Stab (das englische Wort „rod“ heißt „Rute, Stab, Stange“) ein Zeichen der Autorität. Im alten Rom wurden vor den Konsuln Rutenbündel getragen, die sogenannten Fasces(in denen auch ein Beil steckte). Von diesen Bündeln leitet sich später der Begriff Faschist ab.

Im alten Nahen Osten sind König und Herrscher Träger einer Rute oder eines Hirtenstabes, der wiederum auch von Königen und hohen Priestern getragen wurde. Denken wir an den Stab Aarons, zum Beispiel. Aber auch Hammurapi wird mit einem Stab dargestellt.

Wie Hugh Nibley ausührt, trug damals jeder freie Mann als Zeichen der politischen Unabhängigkeit eine Rute/einen Stab mit sich. Und die damals übliche Bezeichnung für einen Untergebenen in Assyrien war „abd-el-‘asa“, zu deutsch „Rutendiener“. Mit Rutenschlägen drückt man aus, dass man höher gestellt ist als der, der geschlagen wird.

Dass Laman und Lemuel seine Brüder mit der Rute schlug, mag also ein Versuch sein, seine Dominanz über die beiden jüngeren zu beweisen oder wiederherzustellen, nachdem er Nephi bei diesem – aus seiner Sicht – unglücklichen Unterfangen unterstützt hatte.

kam ein Engel des Herrn

Der Herr hätte viele Möglichkeiten gehabt, Laman und Lemuel daran zu hindern, ihre Brüder zu schlagen. Ein Sturmwind oder (wie an anderer Stelle) mehr Kraft für Nephi hätten die Sache erledigen können. Und offensichtlich hinterließ das Erscheinen des Engels keinen bleibenden Eindruck auf Laman und Lemuel, so können wir davon ausgehen, dass der Engel nicht um ihretwillen erschienen ist, sondern eher, um Nephi zu versichern, dass er auf dem richtigen Weg war und das Gebot Gottes, aber auch sein Bund mit Gott, noch immer aufrecht waren.

Gleichzeitig ist dies aber auch der direkte Gegenpol zu Lamans Versuch, seine Vorherrschaft zu beweisen.

Brant Gardner schlägt vor, dass Nephi seinen Brüdern noch nicht gesagt hat, dass der Herr ihn zum Herrscher und Nachfolger Lehis eingesetzt hat. Nach Lehis Tod arbeiteten Laman und Lemuel dann gezielt gegen diese Vorhersage Gottes.

Unter diesem Gesichtspunkt wird die Geschichte von den Messingplatten zu einem Wendepunkt: Nephis Vorherrschaft wird seinen Brüdern hier, am dunkelsten Punkt des Unternehmens, verkündet. Gleichzeitig wird ihnen ihre Frevelhaftigkeit unter die Nase gerieben. Beides Dinge, die nicht geeignet waren, langfristig dafür zu sorgen, dass sie sich demütigen und umkehren.

Wir fühlen uns in dieser Geschichte aber auch ganz stark an die Erzählung von Joseph, dem Sohn Isaaks erinnert: So wie Joseph erfährt Nephi von Gott, dass er über seine Brüder herrschen soll, und wie die Söhne Isaaks sind Lehis Söhne davon alles andere als begeistert.